Interview mit Eismann Sergio Dondoli in San Gimignano
DAS BESTE SCHOKO-EIS DER WELT
Der toskanische Eismann Sergio Dondoli macht das beste Schokoladeneis der Welt.
Am 14. Oktober will sich Sergio Dondoli in Rom zum Schokoladeneis-König krönen lassen. Dieser Wettbewerb, der “Colosseum 93”, ist für Eismänner aus aller Welt einer der bedeutendsten. Wichtiger ist nur noch der Pokal, der jährlich in Rimini vergeben wird. Dort hat Sergio- der 17 Jahre lang seine Schleckereien in Kiel und Lübeck verkaufte schon 1991 groß abgeräumt: Er gewann mit drei ersten Preisen. Doch der Erfolg hat einen Schönheitsfehler: Die Rezepte hatte er unter den Namen von befreundeten Kollegen eingereicht, weil seine eigene Eisdiele im toskanischen San Gimignano damals noch nicht eröffnet war. Jetzt will sich Sergio den Sieg in Rom unter seinem eigenen Namen holen.
Frage: Sergio, wie macht man das beste Schokoladeneis der Welt?
Dondoli: Durch jahrelanges Probieren. Eismachen ist schwieriger als die Leute meinen. Da schüttet man nicht einfach literweise irgend etwas zusammen. Bei manchen Zutaten muß man sehr aufpassen, damit nicht zuwenig oder zuviel hin-einkommt. Heute zum Beispiel ist das Eis nicht so gut geworden, da fehlt der letzte Pfiff. Schokoeis kann man beim Kochen auch nicht einfach probieren. Den Geschmack bekommt das Eis erst, wenn es schon drei Stunden fertig ist, weil sich Kakao – oder Nußöle erst langsam entfalten müssen. Und dann ist es zum Abschmecken zu spät.
Frage: Ist das Rezept für den Colosseum – Wettbewerb in Rom schon fertig?
Dondoli: Nein. Wie ich das genau mache, entscheide ich erst an dem Tag des Wettbewerbs. Aber ich bin gerade dabei, das Grundrezept etwas zu verändern. Das mache ich oft,obwohl meine Frau immer schimpft, wenn ich das Eis ändere, das sich gerade so gut verkauft. Aber ich habe das einfach im Gefühl, daß ich das tun muß. Die Geschmacksunterschiede sind von Tag zu Tag nur sehr gering, aber ein Eisliebhaber schmeckt das. Da ist ein Mann aus dem Ort, der kommt jeden Tag. Und er ißt immer nur Schoko und Nuß. Der merkt sofort, wenn ich etwas ändere oder wenn ich einmal daneben gelangt habe. Dann sagt er zu meiner Frau: “Sag’ ihm, daß das Eis heute nicht geschmeckt hat!” Dann weiß ich, daß ich nicht gut war.
Frage: Was bringt Sie dazu, das Rezept zu ändern, mit dem Sie in Rimini schon gewonnen haben?
Dondoli: Ich habe ein altes sizilianisches Eis-Kochbuch vom Anfang dieses Jahrhunderts gefunden. Da ist die Rede von orientalischen Kräutern, die damals nach Sizilien kamen. Die kochte man und nahm dann den Extrakt davon für das Eis. Deswegen probiere ich jetzt seit Wochen mit der Apothekerwaage und Zwei-Gramm-Portionen herum welche von diesen Kräutern ich für mich verwenden kann.
Frage: Whelches Eis essen Sie selbst am liebsten?
Dondoli: Das ist ganz unterschiedlich. Im Sommer mag ich am liebsten das Obsteis – Pfirsich oder Melone. Und im Winter natürlich Schokolade. Aber eigentlich glaube ich, daß mir Obsteis am besten gelingt, noch besser als Schoko! Das kann ich nur nicht beweisen, weil es für Obst kaum Wettbewerbe gibt.
Frage: Sergio, wo gibt es nun das bessere Eis: In Deutschland oder in Italien?
Dondoli: Das ist Geschmackssache. Die deutschen Eismänner halten sich meist an die Dolomitenschule. Dort wird mehr mit Milch gearbeitet. Die sizilianischen Schulen schwören dagegen auf Früchte und Wasser als Zutaten. Aber der große Unterschied zwischen den beiden Ländern sind eigentlich die Eis-Esser selbst. Die Deutschen und die Sizilianer essen sehr viel Eis und zu jeder Tageszeit. Da geht man schon einmal zum Mittagessen in die Eisdiele. Die Italiener im Norden bis hier herunter in die Toskana essen eigentlich fast nie Eis: Morgens ist es noch zu früh. Vormittags kriegen die Kinder kein Eis, weil sie sonst mittags keinen Hunger haben. So zwischen zwei und vier Uhr ist in der Gelateria dann Massenandrang. Danach ist schon wieder das Abendessen in Gefahr. Gottseidank denken viele deutsche Touristen, die zu mir kommen, da ganz anders. Sonst könnte ich den Kredit für meine Gelateria nie zurückzahlen.
Interview: Franz Neumeier
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